Werden Gegenstände aus einem EU-Land in ein anderes EU-Land an nachfolgende Abnehmer durch einen österreichischen Lieferer oder seinen Beauftragten befördert oder versendet, so ist die Lieferung dort zu versteuern, wo die Beförderung oder Versendung beginnt (also in Österreich).
Abnehmerkreis im Versandhandel:
- Private,
- Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben,
- Schwellenerwerber,
die auf die Anwendung der Erwerbsschwelle nicht verzichtet haben;
Schwellenerwerber sind Unternehmer,- die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die zum Vorsteuerausschluss führen (z.B. Kleinunternehmer)
- pauschalierte Landwirte
- juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben (z.B. Kammern, Gemeinden)
Nähere Informationen zu den "Schwellenerwerbern“ und zur so genannten Erwerbsschwellenregelung finden Sie auf unserer Infoseite zum innergemeinschaftlichen Erwerb.
Beispiel:
Eine deutsche Privatperson bestellt einen Gegenstand, der in Österreich dem Normalsteuersatz unterliegt, bei einem österreichischen Unternehmer, welcher diesen nach Deutschland versendet.
Da die Versendung in Österreich beginnt, ist die Lieferung auch in Österreich zu versteuern. Der österreichische Lieferant legt seine Rechnung mit 20 % österreichischer Umsatzsteuer.
Anwendung der Versandhandelsregelung
Überschreitet der liefernde Unternehmer im jeweiligen Bestimmungsland die Lieferschwelle, so kommt die Versandhandelsregelung zur Anwendung. Der Lieferort verlagert sich an jenen Ort, wo die Beförderung oder Versendung endet (also in den Bestimmungsmitgliedstaat).
Beispiel:
Infolge der unterschiedlichen Umsatzsteuersätze in der EU stellen die Vorschriften über den Versandhandel sicher, dass es bei der Lieferung an Private oder Schwellenerwerber ab einem gewissen Lieferumfang pro Bestimmungsland zur umsatzsteuerlichen Erfassung im Bestimmungsland kommt. Dadurch sollen Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.
Berechnung der Lieferschwelle
Die Berechnung der Lieferschwelle ist für jedes Mitgliedsland gesondert vorzunehmen. Bei der Berechnung der Lieferschwelle sind nur Umsätze aus der Versandhandelsregelung zu berücksichtigen.
Außer Ansatz bleiben innergemeinschaftliche Lieferungen, Entgelte für die Lieferung neuer Fahrzeuge, Entgelte für die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und Umsätze, die der Differenzbesteuerung unterliegen.
Unternehmer aus anderen EU-Staaten, die in Österreich an Privatpersonen (bzw. Schwellenerwerber) liefern, müssen ab folgendem Zeitpunkt mit österreichischer Umsatzsteuer fakturieren:
- bei Überschreiten der Lieferschwelle im Vorjahr:
Fakturierung mit österreichischer USt ab dem 1. Umsatz des laufenden Jahres. - bei Überschreiten der Lieferschwelle im laufenden Jahr:
Fakturierung mit österreichischer USt ab jenem Umsatz mit dem die Lieferschwelle überschritten wurde.
Beispiel:
Ein italienisches Versandhandelsunternehmen liefert an österreichische Privatpersonen. Im Jahr 2018 betrugen diese Umsätze 30.000,- EUR. Im Jahr 2019 wurden folgende Umsätze getätigt:
Jänner bis August 2019: 30.000,- EUR
September 2019: 10.000,- EUR
Oktober bis Dezember 2019: 10.000,- EUR
Die Rechnungen über die Lieferungen im Jahr 2018 sowie für Jänner bis August 2019 sind mit italienischer Umsatzsteuer auszustellen. Ab jenem Umsatz im September 2019, mit dem die Lieferschwelle (35.000,- EUR) überschritten wird, hat das italienische Unternehmen mit österreichischer Umsatzsteuer zu fakturieren und muss sich deshalb auch in Österreich registrieren lassen.
Verzicht auf die Lieferschwelle
Der Unternehmer kann innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Zeitraum, in dem erstmals eine Versandhandelslieferung bewirkt wurde, auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichten (schriftliche Meldung an das Finanzamt). Die Verzichtserklärung bindet den Unternehmer mindestens für 2 Kalenderjahre und kann für jeden Mitgliedstaat gesondert abgegeben werden.
Durch den Verzicht auf die Anwendung der Lieferschwelle verlagert sich der Ort der Lieferung, unabhängig von der Höhe der ausgeführten Umsätze, bereits ab dem ersten Umsatz in das Bestimmungsland.
Der Verzicht auf die Anwendung der Lieferschwelle ist dann zu empfehlen, wenn der Umsatzsteuersatz im Bestimmungsland niedriger ist als in Österreich.
Ein österreichisches Unternehmen versendet im Jänner 2019 erstmals Waren an Private in Deutschland. Der Unternehmer möchte auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichten.
Der Unternehmer hat den Verzicht gegenüber dem Finanzamt bis 15.3.2019 (Frist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 2019) schriftlich zu erklären. Der Lieferort wird bereits ab dem ersten Versandhandelsumsatz nach Deutschland "verlagert“. Der österreichische Unternehmer hat deutsche Umsatzsteuer zu verrechnen und diese auch in Deutschland abzuführen.
Möchte der Unternehmer die Verzichtserklärung widerrufen, so kann er dies schriftlich ebenfalls bei seinem Finanzamt erklären. Der Widerruf der Verzichtserklärung hat innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den Zeitraum, in dem erstmals eine Versandhandelslieferung bewirkt wurde, zu erfolgen.
Beispiel:
Ein österreichischer Unternehmer, der im Jahr 2017 auf die Lieferschwelle mit Deutschland verzichtet hat, möchte im Jahr 2020 diesen Verzicht widerrufen. Die erste Lieferung an Privatpersonen in Deutschland wird im Jahr 2020 im Februar ausgeführt.
Der Unternehmer kann die Verzichtserklärung bis 15.4.2020 bei seinem Finanzamt schriftlich widerrufen (Frist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2020). Sämtliche Versandhandelslieferungen nach Deutschland sind im Jahr 2020 mit österreichischer Umsatzsteuer zu fakturieren (Ausnahme: der Unternehmer überschreitet die Lieferschwelle mit Deutschland = 100.000,-EUR).
Hinweis: Ab 2021 erfolgt eine grundlegende Umstellung auf das Bestimmungslandprinzip
Ab 1. Juli 2021 wird die Lieferschwelle abgeschafft, damit sind ab diesem Zeitpunkt innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze grundsätzlich im Bestimmungsland zu versteuern. Die in anderen EU-Mitgliedstaaten zu entrichtende Umsatzsteuer auf innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze kann über den EU-One-Stop Shop (EU-OSS) in nur einem EU-Mitgliedstaat erklärt werden.
Für Umsätze von Kleinstunternehmern besteht dazu ab 1. Juli 2021 eine Vereinfachung, nach der die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätzen im Ansässigkeitsstaat, d.h. im Staat aus dem versendet wird, erfolgt. Voraussetzung ist, dass die Unternehmerin/der Unternehmer über keine Betriebsstätte in einem anderen EU-Mitgliedstaat verfügt und in anderen EU-Mitgliedstaaten innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze und Dienstleistungen von insgesamt maximal 10.000 Euro tätigt. Auf die Anwendung dieser Vereinfachungsregelung kann verzichtet werden.Die Lieferschwellen in den Mitgliedstaaten der EU
(Internet-Veröffentlichung der Kommission Juli 2019)
Mitgliedstaat | Lieferschwelle in EUR | Lieferschwelle in heimischer Währung | Lieferschwelle in EUR | Kurs 31.3.2018 |
---|---|---|---|
Belgien |
35.000,- |
||
Bulgarien |
70.000,- BGN |
35.791,- | |
Dänemark |
270.000,- DKK |
36.501,- | |
Deutschland |
100.000,- |
||
Estland |
35.000,- |
||
Finnland |
35.000,- |
||
Frankreich |
35.000,- |
||
Griechenland |
35.000,- |
||
Irland |
35.000,- |
||
Italien |
100.000,- |
||
Kroatien | 270.000,- HKR | 36.501,- | |
Lettland |
35.000,- |
| |
Litauen |
35.000,- |
||
Luxemburg |
100.000,- |
Mitgliedstaat | Lieferschwelle in EUR | Lieferschwelle in heimischer Währung | Lieferschwelle in EUR | Kurs 21.2.2017 |
---|---|---|---|
Malta |
35.000,- |
||
Niederlande |
100.000,- |
||
Österreich |
35.000,- |
||
Polen |
160.000,- PLN |
37.712,- | |
Portugal |
35.000,- |
||
Rumänien |
118.000,- RON |
25.305,- | |
Schweden |
320.000,- SEK |
31.390,- | |
Slowakei |
35.000,- |
||
Slowenien |
35.000,- |
||
Spanien |
35.000,- |
||
Tschechien |
1.140.000,- CZK |
44.744,- | |
Ungarn |
35.000,- |
|
|
Vereinigtes Königreich |
70.000,- GBP |
78.022,- | |
Zypern |
35.000,- |